Fakten für Diskussionen rund ums Thema Auto

Fakten für Diskussionen rund ums Thema Auto

Quelle: ALLES AUTO 11/2019, Stefan Pabeschitz

Stammtisch-Munition
Seltsame Zeiten: Eindeutige und belegte Fakten werden als Stammtisch-Argumente abgetan, während Spekulationen und Legenden als intellektuell wertvolle Sichtweisen gelten. Wir wollen dennoch der Tatsachen-Seite den Vorzug lassen, etwa bei der Klima-Diskussion.
Das Wort Klimawandel ist eigentlich alarmierend genug. Eine wundersame Begriffs-Evolution hat inzwischen die Eskalationsstufen Klimakrise, Klimanotstand, Klimakatastrophe und schließlich
Ausrottung geboren. Der Grad an Emotionalisierung innerhalb kürzester Zeit ist daran gut ablesbar. In so einem hysterischen Umfeld ist der Kursverfall von Fakten mitprogrammiert, anstatt mit diesen wird immer mehr mit vermeintlichem Wissen hantiert. Wer nicht bereit ist, es kritiklos zu teilen, gerät rasch ins ideologische Sperrfeuer, wird im rechten Eck abgestellt, als Unterstützer der Alte-Weiße-Männer-Welt von Trump & Johnson angepatzt – was immer die auch damit zu tun haben soll.
Es ist angebracht, mit Ruhe zu reagieren. Schon deswegen, weil das die hochkochenden Schreihälse noch mehr ärgert. Die mögen die Fakten-Ebene nicht – vor allem deswegen, weil sie kaum eine Ahnung haben, von welchem Hörensagen ihre Informationen eigentlich stammen.
Die folgende Zusammenstellung wird nicht helfen, am Stammtisch, in der Heurigen-Runde oder im Internet irgendjemand zu überzeugen – aber zumindest nötigt sie eventuell dazu, sich mit den Zahlen und Tatsachen auseinanderzusetzen. Vielleicht lernt der eine oder andere ja daraus etwas.

Formel 1 versus City-Marathon
Motorsport-Veranstaltungen sind ein Dauerziel der Klimaschützer – der „unnötigen“ und „potenzierten“ CO2-Emissionen wegen. Beim Formel 1-Rennen in Spielberg emittieren die zwanzig Boliden (in der Annahme, dass alle durchfahren und das Ziel erreichen) tatsächlich etwa 10 Tonnen Kohlendioxid. Bei einem City-Marathon wie etwa dem in Wien atmen die Einzelteilnehmer und Staffeln über die Voll- und Halbdistanz allerdings über 50 Tonnen mehr CO2 aus, als wenn sie im gleichen Zeitraum ruhig atmen oder nur einer leichten körperlichen Tätigkeit nachgehen würden.
Wer ernsthaft meint, dass die Einrechnung von Trainings, Anreise des F1-Trosses und des Publikums
die Rechnung zugunsten des Lauf-Events kippen würden, irrt ebenfalls – diese Punkte für die Menschenmenge beim Marathon gerechnet vergrößern den Abstand sogar noch zugunsten des Motorsports.

Feindbild SUV
Bauern-Panzer, Penis-Vergrößerung, Reichen-Spielzeug – auch beim leidigen Thema SUV wird von den Gegnern vor allem mit Emotionen jongliert. Gemeint sind damit meist die raren (etwa 0,5 Prozent der Zulassungen) Super-SUVs à la Porsche Cayenne, Range Rover und Mercedes G – Klasse der Generalverdacht trifft aber alle bis hinunter zum kleinen Skoda Kamiq. Angeblich sind sie alle zu groß und zu schwer. Der Schein des oft aggressiven Stylings mag das nähren, faktisch ist es aber
inzwischen größtenteils falsch. Familienkutschen wie ein VW Sharan gelten hingegen als brav und sauber. Der Zahlen-Vergleich zwischen einem Range Rover Sport und dem Volkswagen-Van zeigt: Beide sind exakt gleich lang, der SUV lediglich um acht Zentimeter breiter und sechs Zentimeter höher. Mit sieben Sitzplätzen werden beide angeboten. Ist der Sharan auch mit Allrad ausgestattet, reduziert sich der Gewichtsunterschied auf etwa 100 Kilo, also 5 Prozent. Wenn SUVs die Einfahrt in
die Innenstadt verwehrt wird, dann müsste das der Fairness halber auch für Familien-Vans gelten. Die Wiener Vizebürgermeisterin nutzt übrigens einen Sharan als Dienstwagen. Oberflächlich betrachtet SUVs ruinieren mit ihrem hohen Gewicht die Straßenoberflächen, heißt es oft. Allerdings wiegt etwa selbst ein Offroad-Schwergewicht wie der Mercedes G weniger als Tesla Model S oder Porsches neuer Strom-Renner Taycan. Nur zählen in den Köpfen mancher E-Apostel Batterie-Kilos offenbar weniger als andere.

Gewichtsfrage
Der Vorwurf, SUVs wären aufgrund ihres Gewichts bei Unfällen mit Fußgängern gefährlicher, wurde erst unlängst anlässlich eines tragischen Crashs in Deutschland wieder eifrig verbreitet. Um ihn zu entkräften reicht Unterstufen-Physik: In der Formel für die Berechnung der kinetischen Energie E = m*v2/2 ist das Gewicht (m) einfach enthalten, Geschwindigkeit (v) hingegen als Quadratzahl. Bei nur fünf km/h mehr Tempo entwickelt ein VW Golf also gleich viel Aufprallenergie wie der oben genannte Range Rover Sport. Die schwerwiegendsten Verletzungen passieren außerdem beim Aufprall von Körper oder Kopf an die Dachkanten – je niedriger das Auto desto wahrscheinlicher kommen sie vor. Bei gleicher Aufprallenergie verursacht ein normaler Pkw für gewöhnlich also schlimmere Verletzungen als ein SUV.

Fragwürdiges Verhältnis
Sollen die Klimaziele von Paris erreicht werden, muss die größte Industrienation Europas, Deutschland, ihren CO2-Ausstoß bis 2030 jährlich um 3,5 Prozent reduzieren. Das Hundertfache
dieser Einsparungsmenge beträgt allerdings die jährliche Steigerung der Emissionen allein in China, auf österreichische Zahlen umgerechnet etwa das Tausendfache. „Na und, sollen wir deswegen etwa gar nichts tun?“ lautet die berechtigte Gegenfrage. Nicht unbedingt – aber es würde wohl auch nichts ändern.

Atemnot
Etwa acht Gigatonnen Kohlendioxid produziert die Weltbevölkerung jährlich mit ihrer Atmung, vier weitere Gigatonnen trägt der Pkw-Verkehr bei. Selbst wenn es bis 2050 gelingt, Letzteren auf Null-Emissionen zu bringen, macht das Bevölkerungswachstum im gleichen Zeitraum mindestens die Hälfte davon wieder durch Atem-CO2 zunichte.


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